„Der beste Weg, sich selbst zu finden, ist, sich in den Dienst anderer zu stellen.“
– Mahatma Ghandi
Manche Menschen tragen den Wunsch, Heilpraktikerin oder Heilpraktiker zu werden, schon lange in sich. Bei anderen entwickelt er sich mit der Zeit und oft aus der eigenen Krankheitsgeschichte heraus, wenn schulmedizinische Ansätze keine Besserung gebracht haben.
Die intensive Beschäftigung mit alternativen Heilmethoden verändert in solchen Situationen nicht nur das Verständnis von Gesundheit. Sie kann auch den Wunsch entstehen lassen, selbst in diesem Bereich zu arbeiten, mit echtem Interesse und dem Ziel, andere Menschen verantwortungsvoll zu begleiten.
Wenn du an diesem Punkt stehst, ist ein klarer Überblick hilfreich. Was brauchst du, um in diesem Beruf arbeiten zu dürfen? Wie funktioniert die Anmeldung? Und was ist bei der Planung deiner Praxis organisatorisch und rechtlich wichtig?
In diesem Artikel findest du alle wichtigen Informationen, die du für deinen Start als Heilpraktikerin oder Heilpraktiker brauchst.
Überblick
2. Heilpraktiker:in werden – Voraussetzungen, Ausbildung & Prüfung
Um als Heilpraktikerin oder Heilpraktiker tätig werden zu dürfen, brauchst du eine behördliche Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde. Die rechtliche Grundlage dafür ist das Heilpraktikergesetz, das bundesweit gilt.
Den vollständigen Gesetzestext findest du hier: Heilpraktikergesetz – Gesetze im Internet (BMJ)
Was du dafür brauchst:
- Mindestalter: 25 Jahre
- Schulabschluss: Hauptschulabschluss ist ausreichend
- Gesundheitliche Eignung: Nachweis durch ein ärztliches Attest
- Keine Vorstrafen: Polizeiliches Führungszeugnis erforderlich
- Erfolgreiche Heilpraktikerprüfung beim zuständigen Gesundheitsamt
Vorbereitung auf die Prüfung
Die Prüfung gilt als anspruchsvoll und medizinisches Grundwissen ist zwingend erforderlich. Du kannst dich vorbereiten über:
- Heilpraktikerschulen (Vollzeit oder berufsbegleitend)
- Fernstudiengänge
- Intensivkurse
- Selbststudium (nur für medizinisch Vorgebildete empfehlenswert)
Die Dauer der Vorbereitung liegt in der Regel zwischen 18 und 36 Monaten, je nach Vorwissen und verfügbarer Zeit.
Erste Schritte zur eigenen Praxis – Ausrichtung & rechtlicher Rahmen
Sobald du deine Prüfung bestanden hast und die Erlaubnis besitzt, darfst du heilkundlich tätig sein. Doch wie geht es dann weiter?
Bevor du in den Praxisalltag startest, solltest du dir über deine persönliche Ausrichtung Gedanken machen:
- Welche Methoden möchtest du anwenden? (z. B. klassische Naturheilkunde, Homöopathie, Pflanzenheilkunde, manuelle Therapien, psychotherapeutische Verfahren)
- Wer ist deine Zielgruppe? (Kinder, Frauen, Menschen mit chronischen Beschwerden, psychisch Belastete etc.)
- In welchem Rahmen möchtest du arbeiten? (Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis, in eigenen Räumen oder angemietet)
Je klarer du deine Ausrichtung und Zielgruppe definierst, desto leichter fällt es dir später, passende Entscheidungen für deine Praxis zu treffen, von der Raumgestaltung bis zur Wahl deiner Methoden.
Freier Beruf oder Gewerbe?
Grundsätzlich zählt die Tätigkeit als Heilpraktiker:in in Deutschland zu den sogenannten freien Berufen. Du brauchst also kein Gewerbe anzumelden, sondern nur die freiberufliche Tätigkeit beim Finanzamt zu melden.
Es gibt jedoch Ausnahmen, die du kennen solltest:
Wenn du beispielsweise zusätzlich Produkte verkaufst, Onlinekurse anbietest oder nicht-therapeutische Angebote durchführst, kann es sein, dass du auch als Gewerbetreibende:r eingestuft wirst – zumindest für diesen Teil deiner Arbeit.
Einen guten Überblick über diese wichtige Unterscheidung findest du hier: Freiberufler oder Gewerbe
Diese Einordnung ist besonders wichtig, da sie sich auf deine Steuerpflichten und eventuelle Gewerbesteuer auswirken kann.
Organisatorisches: Anmeldung, Behörden & Versicherungen
Nach der Prüfung und deiner fachlichen Orientierung kommen die formalen Schritte. Sie klingen komplizierter als sie sind. Am besten machst du dir eine Checkliste, die du Schritt für Schritt abarbeiten kannst:
Was du erledigen musst:
- Gesundheitsamt informieren (sofern noch nicht geschehen)
- Tätigkeit beim Finanzamt anmelden (Fragebogen zur steuerlichen Erfassung)
- Steuernummer erhalten
- Heilpraktiker-Haftpflichtversicherung abschließen (Pflicht!)
- Umsatzsteuerbefreiung prüfen – i. d. R. bist du als Heilpraktiker:in umsatzsteuerbefreit (§ 4 Nr. 14 UStG)
- Berufsgenossenschaft anmelden (BGW – kann Pflicht sein)
Tipp: Wenn du dir unsicher bist, kann ein Steuerbüro mit Erfahrung in der Betreuung von Heilpraktikerpraxen hilfreich sein.
Die Praxis zum Leben erwecken – Räume, Ausstattung und erste Patient:innen
Nach der bestandenen Prüfung und der Anmeldung deiner Tätigkeit beginnt ein neuer Abschnitt: die konkrete Umsetzung deiner Praxis. Dazu gehört nicht nur die Frage, wo du arbeiten möchtest, sondern auch, wie deine Räume gestaltet sind und wie du erste Menschen auf dein Angebot aufmerksam machst.
Mögliche Praxisformen
Je nach deinen räumlichen und finanziellen Möglichkeiten gibt es verschiedene Wege, deine Praxis zu starten:
- Praxis in der eigenen Wohnung (nur mit Zustimmung der Vermieterin oder des Vermieters sowie Genehmigung der Gemeinde)
- Gemietete Räume, auch stunden- oder tageweise, zum Beispiel in einer bestehenden Praxis oder einem Therapiezentrum
- Gemeinschaftspraxis mit anderen Heilberufen (z. B. mit einer Hebamme, Physiotherapeutin oder Osteopathin)
- Praxisgemeinschaft – hier teilt man sich Räume, arbeitet aber rechtlich und abrechnungstechnisch unabhängig (keine gemeinsame Patientenakte, keine gemeinsame Abrechnung)
Grundausstattung
Damit sich Patientinnen und Patienten wohlfühlen und du professionell arbeiten kannst, sollte deine Praxis folgende Dinge erfüllen:
- Einen ruhigen, gut belüfteten und gepflegten Behandlungsraum
- Einen kleinen Empfangs- oder Wartebereich, möglichst getrennt vom Behandlungsraum
- Beachtung der Hygienevorgaben, zum Beispiel separate Toilette, Desinfektionsmöglichkeiten, abwischbare Oberflächen
Barrierefreiheit mitdenken
Auch wenn es keine gesetzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit in Heilpraktikerpraxen gibt, lohnt sich ein genauer Blick. Ein stufenloser Zugang, ausreichend Bewegungsfläche im Behandlungsraum und ein möglichst barrierefreies WC sind wichtige Aspekte für viele Menschen, besonders für ältere oder mobilitätseingeschränkte Personen. Wenn du die Möglichkeit hast, solche Bedingungen zu schaffen, wird das nicht nur positiv wahrgenommen, sondern macht deine Praxis auch zukunftsfähig.
Erste Patientinnen und Patienten gewinnen
Gerade zu Beginn ist persönliche Empfehlung oft der wirksamste Weg, auf dich aufmerksam zu machen. Überlege dir, welche Kanäle für dich authentisch und erreichbar sind:
- Mund-zu-Mund-Weiterempfehlung im Freundes- oder Bekanntenkreis
- Kooperationen mit anderen Fachpersonen, zum Beispiel Ärztinnen, Hebammen, Therapeutinnen oder Yogalehrern
- Infoabende oder offene Sprechstunden, bei denen du deine Arbeit vorstellst
- Flyer oder Visitenkarten in Bioläden, Reformhäusern, Apotheken oder Naturkosmetikstudios
Mit der Zeit wird sich zeigen, welche Wege für dich und deine Zielgruppe am besten funktionieren.
Sichtbar werden – sanftes Marketing, das zu dir passt
Du brauchst kein schrilles Marketing, aber es ist natürlich dennoch wichtig, dass Menschen dein Angebot finden können. Besonders zu Beginn kann es hilfreich sein, gezielt sichtbar zu werden. Dabei solltest du Wege wählen, die zu dir und deiner Arbeitsweise passen.
Persönliche Kontakte und Empfehlungen
Persönliche Weiterempfehlung ist oft der wirksamste Weg, erste Patientinnen und Patienten zu gewinnen. Viele Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker bauen ihre Praxis zu Beginn über das eigene Umfeld auf.
- Empfehlungen im Freundes- und Bekanntenkreis
- Gespräche mit früheren Wegbegleitern aus Ausbildung, Kursen oder Praxisphasen
- Kooperationspartnerinnen wie Ärztinnen, Hebammen, Therapeutinnen oder Yogalehrende
Auch Infoabende oder offene Sprechstunden können eine gute Möglichkeit sein, dich bekannt zu machen – ganz ohne Druck und Verkaufscharakter.
Regionale Sichtbarkeit
Viele Menschen suchen nach naturheilkundlicher Unterstützung in ihrer Nähe. Darum lohnt es sich, deine Präsenz im lokalen Umfeld aufzubauen:
- Flyer oder Visitenkarten in Bioläden, Reformhäusern oder Apotheken
- Einträge in regionale Gesundheitsverzeichnisse
- Teilnahme an Gesundheitstagen oder kleinen Messen in deiner Stadt oder Gemeinde
Online auffindbar sein
Eine einfache, aber professionelle Website hilft Interessierten, dich zu finden und Vertrauen aufzubauen. Darauf sollte sichtbar sein:
- Wer du bist und wie du arbeitest
- Deine Schwerpunkte und Arbeitsweise
- Öffnungszeiten, Kontaktmöglichkeiten und Standort
- Preise und eventuelle Hinweise zur Erstattungsfähigkeit
Weitere sinnvolle digitale Wege:
- Google Unternehmensprofil (ehemals Google My Business) – kostenlos und lokal sichtbar
- Einträge in seriöse Heilpraktikerverzeichnisse (z. B. Therapeutenfinder oder Heilverzeichnis)
- Social Media, wenn es zu dir passt – z. B. Instagram für Praxis-Einblicke, Gedankenimpulse oder Informationen zu Terminen
- Pinterest, um mehr Traffic für deinen Blog zu generieren
Authentisch bleiben
Ob online oder offline – wichtig ist, dass du dich mit dem zeigst, was dich ausmacht. Deine Haltung, dein Menschenbild und deine Art, zuzuhören und zu begleiten, sind das, was dich von anderen unterscheidet. Vertraue darauf.
Finanzen und Verantwortung – was du im Blick haben solltest
Auch wenn es nicht das Lieblingsthema vieler Heilpraktiker:innen ist: Ein grundlegendes Verständnis für deine finanzielle Situation ist wichtig.
Was du beachten solltest:
- Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (ggf. mit Steuerberater:in)
- Rücklagen bilden für Steuern und Ausfallzeiten
- Krankenversicherung: privat oder freiwillig gesetzlich
- Altersvorsorge: freiwillige gesetzliche RV, Rürup oder privat
- Berufshaftpflicht ist Pflicht, Unfall- oder Praxisausfallversicherung optional
Je besser du vorbereitet bist, desto entspannter kannst du dich auf deine Arbeit konzentrieren.
Fazit
Wenn du als Heilpraktikerin oder Heilpraktiker arbeiten möchtest, reicht es nicht, nur die Prüfung zu bestehen. Es braucht Klarheit über deine Ausrichtung, ein solides Verständnis der rechtlichen Grundlagen und einen gut geplanten Einstieg in den Praxisalltag.
Dieser Artikel kann dir dabei helfen, die wichtigsten Punkte zu überblicken und typische Stolpersteine zu vermeiden. Vieles wird sich aber auch erst Schritt für Schritt im Tun entwickeln, so wie es zu dir passt.
FAQ – häufige Fragen rund um den Praxisstart
Muss ich als Heilpraktiker:in ein Gewerbe anmelden?
In der Regel nicht – du giltst als Freiberufler:in. Nur wenn du zusätzliche gewerbliche Leistungen erbringst (z. B. Produktverkauf), kann das Finanzamt eine Gewerbeanmeldung verlangen.
Was kostet die Ausbildung zur Heilpraktiker:in?
Je nach Anbieter, Unterrichtsform und Dauer liegen die Kosten für die Heilpraktikerausbildung heute meist zwischen 6.000 und 12.000 Euro. Hinzu kommen Ausgaben für Fachliteratur, Prüfungsgebühren und gegebenenfalls zusätzliche Seminare oder Prüfungsvorbereitung. Wer eine intensive oder besonders praxisnahe Ausbildung wählt, sollte mit Gesamtkosten von bis zu 14.000 Euro rechnen.
Wie lange dauert es, bis ich von meiner Praxis leben kann?
Das ist sehr individuell. Viele brauchen 6 bis 24 Monate, um regelmäßige Einnahmen zu erzielen. Netzwerken und Empfehlungen sind entscheidend.
Kann ich als Heilpraktiker:in online arbeiten?
Teilweise, ja. Beratende Gespräche oder psychotherapeutische Sitzungen sind online möglich, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Heilkundliche Behandlungen ohne persönlichen Kontakt, etwa Diagnosen oder Therapiebeginn bei körperlichen Beschwerden, sind nicht erlaubt.
Ist eine Praxis in der eigenen Wohnung erlaubt?
Ja, mit Einschränkungen: Du brauchst die Zustimmung deiner Vermieter:in und ggf. eine Nutzungsänderung durch die Gemeinde. Zudem musst du sicherstellen, dass Patient:innen Zugang haben, ohne andere Hausbewohner:innen zu stören.